Damit Gerste und Mais auch noch morgen wachsen

Karl Schmid sucht nach den Genen, die dafür sorgen, dass sich Pflanzen an ihre Umgebung anpassen – und vor allem mit weniger Wasser zurechtkommen.

Das zentrale Stichwort lautet: Anpassung. Mais, Gerste oder Sojabohnen werden heute weltweit angebaut – in Regionen, die wärmer oder kälter sind, viel Sonnenschein oder wenig Regen haben. Die Pflanzen müssen auch mit unterschiedlichen Böden und Krankheitserregern zurechtkommen. Aber wie passen sie sich ihrer Umgebung an? Und welche Gene verändern sich dabei? Das sind die Fragen, mit denen sich Karl Schmid tagtäglich befasst. Seine Forschung hat ein klares Ziel: Sie soll den Weg zu Sorten ebnen, die dem Klimawandel besser standhalten.

Hierzu untersucht er, wie sich die Gene von Kulturpflanzen verändert haben, nachdem diese vom Menschen domestiziert wurden. „Die Sorten unterscheiden sich heute genetisch stark von ihren Vorläufern“, erklärt er, „bei Gemüse wurden Giftstoffe weggezüchtet, Pflanzen mussten sich an andere Tageslängen anpassen, um überhaupt zur Blüte zu kommen.“ Er arbeitet mit Wildgerste oder auch Mais und bekam unter anderem aus Peru wichtiges Material: fünfzig Jahre alte Maiskörner, deren Größe, Form und Farben automatisiert mit den Methoden der künstlichen Intelligenz vermessen wurden.

UMFANGREICHE MESSUNGEN:

20.000 Fotografien

von Maiskolben gehörten allein zum umfassenden Datensatz aus Peru, mit dem die Hohenheimer Forschenden arbeiten.

Ein Großteil der älteren Maiskörner aus Südamerika ging nicht mehr auf – ein Verlust genetischer Vielfalt.

Eine Herausforderung war, die diversen Informationen sinnvoll in eine Datenbank einzuspeisen. Mit den Mitteln der Gips-Schüle-Stiftung konnte man eine komplexe Datenbankstruktur aufbauen, die es möglich macht, Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Faktoren herauszulesen – und zum Beispiel auch Daten zum Klima einzubeziehen. So lässt sich herausfinden, welche Gene verantwortlich dafür sind, dass Pflanzen sich in warmen Regionen an die höheren Temperaturen gewöhnt haben. Tatsächlich sind die Veränderungen in der Pflanze recht überschaubar: „Es sind vermutlich nur drei Prozent der Genvarianten bei der Anpassung an die Umwelt beteiligt“, sagt Karl Schmid. Er hat bereits einen Antrag beim Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg eingereicht, um in die Züchtung einzusteigen und die Gene wärmeresistenter Gerste in hiesige Sorten einzukreuzen – „damit wir“, wie er sagt, „in 15 Jahren neue Linien haben, die mit dem Klima besser zurechtkommen.“

Um herauszufinden, welche Gene von Kulturpflanzen bei der Anpassung ans Klima eine Rolle spielen, werden diese in Hohenheim selbst gezogen.

Ein Junge vom Land: Karl Schmid

Karl Schmid wusste bereits mit zehn Jahren, dass er Wissenschaftler werden will. Er ist in Bayern auf dem Land groß geworden und hat seine Kindheit vor allem im Wald verbracht. Mit Pflanzen hat er sich allerdings erst am Ende seines Biologie-Studiums eingehender befasst und sich auf Populationsgenetik spezialisiert. Nach Stationen in den USA, Jena, Gatersleben und dem schwedischen Upsala kam er nach Hohenheim ans Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik.

Er widmet sich vor allem Kulturpflanzen, die allerdings ihre Tücken haben können. Als man älteres Maissaatgut aus Peru aussäte, keimte nicht einmal die Hälfte, womit ein Stück genetischer Variationen verloren ging. Aber auch die Abhängigkeit von Drittmitteln erschwert die Forschung mitunter. Umso wichtiger seien Gelder, die nicht zweckgebunden sind. „Sie ermöglichen uns, Dinge, die ein bisschen verrückt sind, auszuprobieren und Methoden, die noch nicht so etabliert sind“, sagt Karl Schmid. So konnten sich die beiden Mitarbeiter, die mithilfe der Gips-Schüle-Stiftung angestellt wurden, in Deep Learning und Big Data einarbeiten – und somit lassen sich nun große Datenmengen nicht nur sinnvoll nutzen, sondern auch anderen zur Verfügung stellen.

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