Auf dem Komposthaufen kann man es sehen: Biomüll wird zu Erde. Mikroorganismen machen es möglich. Thilo Streck arbeitet daran, dass man diese Prozesse und Energieflüsse im Boden in Computermodellen präzise nachverfolgen kann.
Es sind fleißige Gesellen, die nicht nur dem Gärtner lieb und teuer sind: Auch wenn man sie nicht sieht, sind in der Erde zahlreiche Mikroorganismen am Werk. Sie bauen Glukose ab, Erntereste oder auch Pestizide. Wie stark dabei einzelne Populationen wachsen und andere sogar verdrängen, hängt vom Boden ab. Thilo Streck will genauer wissen, wie die Mikroorganismen zusammenspielen oder auch konkurrieren – um diese Vorgänge am Computer modellhaft nachzeichnen zu können. „Es gibt solche Modelle“, sagt er, „aber wir wollen die komplexen Prozesse präziser und vielfältiger modellieren.“ In mehreren Projekten werden experimentell arbeitende Gruppen molekulargenetische Methoden nutzen, um den Mikroorganismen im Boden besser auf die Spur zu kommen. Neueste Technik und leistungsstarke Computer machen es zudem möglich, am Rechner nachzuvollziehen, wie die Stoff- und Energieflüsse im Boden verlaufen. Ziel ist es, ein Modell zu entwickeln, mit dem genauer vorhergesagt werden kann, wie Stoffe im Boden umgesetzt werden.
Mit den Mitteln der Gips-Schüle-Stiftung wollte Thilo Streck ursprünglich ein großes Forschungsprojekt auf den Weg bringen, bei dem sich Wissenschaftler mehrerer Hochschulen mit Trockenheit befasst hätten. „Leider sind wir knapp gescheitert“, sagt er, das Thema werde an der Universität aber in anderen Initiativen weiterverfolgt. Letztlich hat sich aus den Vorarbeiten über mehrere Schritte das neue Thema herausdestilliert, das nun in einem Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft bearbeitet wird.
„Wir versuchen besser zu verstehen, was im Boden passiert bei der Umsetzung von organischer Substanz“, erklärt Thilo Streck.

„Dank der molekulargenetischen und thermodynamischen Messungen können wir unsere Modelle immer besser testen“, sagt Thilo Streck. Derzeit arbeiten mehrere Wissenschaftler an einzelnen Aspekten. „Das Bodenleben ist sehr vielfältig, wir konzentrieren uns auf die Mikroorganismen. Im Schwerpunktprogramm werden aber auch höhere Organismen sowie Nahrungsnetze untersucht.“ Die Einzelmessungen sollen die Grundlage bilden, um präzise das komplexe Zusammenspiel modellieren zu können – damit langfristig die Landwirtschaft produktiver und das Klima besser geschützt wird.
Belebte Böden:
10.000.000.000 Mikroorganismen
kann ein Gramm fruchtbarer Boden enthalten – also mehr, als es Menschen auf der Erde gibt.
Um die Pflanzenwurzel herum können es sogar eine Billion Mikroorganismen sein.
Zwischen Acker und Hochleistungsrechner: Thilo Streck
Zunächst hat er Vorlesungen zur Soziologie und Philosophie besucht, dann wechselte Thilo Streck doch zu den Agrarwissenschaften, die er in Gießen und Göttingen studierte. Nach der Promotion war er im kalifornischen Riverside und an der TU Braunschweig tätig. 2001 wurde er schließlich in Hohenheim Pro-
fessor für Biogeophysik. Er betreibt vornehmlich Grundlagenforschung, bei der es meist darum geht, Agrarsysteme zu modellieren und die Vorgänge in der Landwirtschaft etwa im Hinblick auf die Ertragsbildung oder den Verbleib von Stickstoff oder Pflanzenschutzmitteln möglichst präzise digital abzubilden.
An sich steht bei seiner Forschung Südwestdeutschland im Zentrum, sie hat ihn aber auch schon nach Thailand, China oder Indien geführt, weil manche Pflanzen eben nicht in Deutschland wachsen – zum Beispiel Nassreis. Das wichtigste Forschungsprojekt von Thilo Streck beschäftigte sich mit der Landwirtschaft im Klimawandel auf der Schwäbischen Alb und im Kraichgau. Er war aber auch viele Jahre am bisher größten Projekt der Universität Hohenheim beteiligt, in dem die nachhaltige Landnutzung in Bergregionen Südostasiens im Fokus stand. Der internationale Sonderforschungsbereich wollte einen wissenschaftlichen Beitrag leisten, damit natürliche Ressourcen erhalten bleiben und sich die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort verbessern.




