Früh erkennen, wie die Krebsbehandlung wirkt

Viele Krebsarten werden mit Immuntherapien behandelt. Teresa Wagner hat eine Methode erforscht, mit der sich schnell nachweisen lässt, ob die Behandlung anschlägt. Mit dem neuen Tracer für die Positronen-Emissions-Tomographie (PET-Tracer) können die Zellen sichtbar gemacht werden, die dafür verantwortlich sind, dass der Körper Resistenzen gegen die Therapie entwickelt.

Die Menschen werden immer älter, weshalb die Zahl der Krebserkrankungen stetig ansteigt. Wo herkömmliche Behandlungsmethoden versagen, können Immuntherapien helfen. Allerdings wirken sie nur bei wenigen Erkrankten langfristig, auch lässt sich oft erst nach Monaten absehen, ob die Behandlung wirkt. In dieser Zeit haben die Patientinnen und Patienten häufig mit Nebenwirkungen und psychischen Belastungen zu kämpfen.

Teresa Wagner hat einen neuen Ansatz zur Diagnostik erforscht, mit dem sich schnell und gezielt überprüfen lässt, ob eine Therapie anspricht oder angepasst werden muss. Hierzu hat die junge Wissenschaftlerin eine neue Klasse von Diagnostika entwickelt: SIRPα-spezifische Nanobodies. Diese kleinen, von Alpaka-Antikörpern abgeleiteten Moleküle, die radioaktiv markiert werden, binden an Immunzellen. Damit eignen sie sich sehr gut als „Tracer“, um in radiologischen Untersuchungen Immunzellen in Tumor- und immunologischen Geweben sichtbar zu machen.

Mit diesem PET-Tracer lässt sich deutlich präziser als bisher die genaue Verteilung der SIRPα+-Zellen im Tumor lokalisieren. Sie sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Körper Resistenzen gegen Therapien entwickelt. Mit diesem Verfahren lässt sich in Echtzeit überwachen, ob die Behandlung erfolgreich ist. Im Gegensatz zur Biopsie ist es nicht invasiv, was für die Erkrankten die Untersuchung erleichtert. Aber auch aus wirtschaftlicher Sicht wäre eine Diagnose mit dem PET-Tracer interessant, denn derzeit verschlingen erfolglose Immuntherapien pro Jahr mehrere Milliarden Euro.

Die Forschung in Detail

Im Mittelpunkt von Teresa Wagners Forschungen am Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut der Universität Tübingen in Reutlingen und an der Universität Tübingen in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Rothbauer stand das signal-regulatorische Protein α (SIRPα). Dabei handelt es sich um ein Immun-Checkpoint-Protein, das verantwortlich dafür ist, dass der Körper Resistenzen gegen Therapien entwickelt. Studien haben gezeigt, dass eine erhöhte Expression von SIRPα die Überlebenschancen bei verschiedenen Tumorarten reduziert – zum Beispiel bei follikulären Lymphomen und kolorektalen Karzinomen.

Nanobodies sind sehr stabil und zeichnen sich durch eine hohe Spezifität und Sensitivität aus, weshalb sie sich besonders für den Einsatz bei der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) eignen. Ein Schwerpunkt der Forschung lag auf der Entwicklung inerter Nanobodies, die die Funktion des SIRPα-Moleküls nicht beeinflussen. Sie können nun als Tracer eingesetzt werden, um mittels PET die Dynamik der Zellen im Tumormikromilieu präzise und nicht invasiv zu verfolgen – ohne dabei biologische Prozesse zu beeinflussen.

Wirksamkeit:

4.700

unterschiedliche Immuntherapeutika zur Bekämpfung von Krebs befinden sich in der Entwicklung. Trotzdem wird nicht jedes Therapeutikum bei jedem Patienten passen und die Kosten für nicht erfolgreiche Therapien sind enorm.

Am Anfang standen Antikörper von Alpakas

In ihrer Forschung arbeitete Teresa Wagner zunächst mit Antikörpern von Alpakas, die isoliert, charakterisiert und zu einem Tracer weiterentwickelt wurden. Um zu testen, ob sie bei einer Tomografie durch die radioaktive Markierung sichtbar gemacht werden können, wurde der Tracer, der sich an bestimmte Immunzellen bindet, am Werner Siemens Imaging Center in Tübingen Mäusen injiziert, die mit einem menschlichen Protein ausgestattet wurden. Mit Erfolg – die hochauflösenden Bilddaten lieferten präzise Einblicke in die räumliche Verteilung von SIRPα+-Zellen, die Auskunft geben, ob eine Immuntherapie wirkt.

2024 hat Teresa Wagner die immuneAdvice GmbH in Reutlingen mitgegründet. Ziel ist es, die SIRPα-PET-Diagnostik und weitere Immunzell-Tracer zur klinischen Reife zu bringen. Hierzu ist ein interdisziplinäres Team aus Pharmazie, Onkologie und Bildgebung tätig. Teresa Wagner hofft, dass sich die in ihrer Doktorarbeit entwickelte Forschung langfristig als Standardwerkzeug bei Immuntherapien etabliert. Weitere Studien zeigten zudem, dass das Verfahren nicht nur bei Krebserkrankungen, sondern auch bei anderen Krankheiten – zum Beispiel Infektionen – angewandt werden kann.

Unterstützung:

2,5 MILLIONEN EURO

der EXIST-Förderung des Bundes haben geholfen, die Forschungsergebnisse in Richtung klinische Anwendung voranzubringen.

Enorm von Auslands- und Praxiserfahrungen profitiert

Ein Grund, warum sich Teresa Wagner für die Molekularmedizin entschied, war der Schwerpunkt, Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Sie ging in die USA, wo sie in San Francisco an der State University studierte und anschließend an der Yale School of Medicine in New Haven ein Forschungspraktikum absolvierte. „Das war richtig gewinnbringend“, erzählt sie, weil sie persönlich wie beruflich davon profitiert habe.

Diese Erfahrungen haben Teresa Wagner motiviert, während ihres Masterstudiums noch einmal ins Ausland zu gehen – nach Australien. In Sydney, wo sie sechs Monate am Garvan Institute of Medical Research tätig war, entstand ihre Masterarbeit. „Hier bin ich bereits in Richtung Antikörperforschung gegangen“, sagt Teresa Wagner. Darauf aufbauend hat sie sich in ihrer Promotion dann auf Nanobodies spezialisiert. Ein wichtiger Schritt, um ihre Forschung zur Marktreife zu bringen, war das Start-up immuneAdvice GmbH, das Teresa Wagner 2024 mitbegründet hat.

„Beim Gründerwettbewerb Science4Life Venture Cup wurde unser Start-up für unsere Geschäftsidee ausgezeichnet. Da haben wir sehr hilfreiches Feedback für unseren Businessplan erhalten.“

sagt Teresa Wagner. Sie ist die Geschäftsführerin von immuneAdvice.

Gute Forschung muss auch rentabel sein, weshalb Teresa Wagner mitunter auch Überzeugungsarbeit leisten muss.

3 Fragen an Teresa Wagner …

Wann werden Patientinnen und Patienten von Ihrer Forschung profitieren?
Für die klinische Testung muss das Material zunächst hergestellt werden. Da es hohen Standards entsprechen muss, darf es nur von spezialisierten Dienstleistern hergestellt werden, was mit hohen Kosten verbunden ist, zusätzlich sind umfassende
toxikologische Testungen erforderlich. Wenn die Finanzierung gesichert ist, vergehen dafür schnell ein bis zwei Jahre. In der ersten klinischen Phase wird der SIPRα-PET-Tracer dann erstmals an einer kleinen Gruppe von Patienten getestet, bevor er bei größeren Patientengruppen (klinische Phase II und III) angewendet werden darf. Bis er dann von den Behörden zugelassen sein wird, werden wir in den 2030er-Jahren sein.

Welche Hürden muss man nehmen, bis innovative Forschung in die Praxis kommt?
Blauäugig, wie wir am Anfang waren, wollten wir zeigen, dass es sich bei unserer Forschung um gute Wissenschaft handelt. Aber das ist nicht alles, man muss auch zeigen, wie sich damit Geld verdienen lässt und wie groß der Markt ist. Dazu kommen rechtliche Aspekte, Patentanmeldungen, Verträge und Lizenzen. Aber natürlich bleibt die ausgezeichnete Wissenschaft die Grundlage für ein exzellentes Start-up.

Was erhoffen Sie sich für Ihre berufliche Zukunft?
Wir haben immuneAdvice gegründet, weil wir überzeugt sind, dass die Tracer einen Mehrwert für die Patienten und den medizinischen Fortschritt liefern können. Deswegen wollen wir jetzt den nächsten Schritt gehen.

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